Zertifiziertes Gewissen
Selbstverständlich, wir importieren unter anderem Weine von Biologisch- oder Biodynamisch-zertifizierten Produzenten. Nachvollziehbar wäre dies, wenn wir Wein offen über die Grenzen holen und diesen selber abfüllen würden und somit theoretisch die Möglichkeit hätten, diesen zu manipulieren.
Wir erhielten eine Offerte eines Zertifikationsunternehmens – selbstverständlich ist eine solche Labelvergabe für ein solches Büro ein sehr einträgliches Geschäft. Hier sollen kiloweise Papier umgedreht, geprüft, kopiert und gestempelt werden.
Sandalenpredigende aber krokodiltragende Bürokraten hätten wir in unseren Papieren wühlen lassen sollen, um die lückenlose Dokumentation der Biostempel zu überprüfen. Emsig suchen diese Maulwürfe nach falsch platzierten Kommas, mitnichten geht es ihnen um ein ökologischeres Wirtschaften unseres Handelsbetriebs. – Nein, diese Weine sind alle schon einmal bei den Produzenten auf ihre Nachhaltigkeit geprüft und gelabelt worden – sollen wir diese Produkte wirklich durch noch mehr Schreibtischtäterei zusätzlich verteuern? – Wir entschlossen uns dankend zu verzichten.
Es ging nicht lange, bis wir die Lebensmittelpolizei im Haus hatten - «Anzeige von Unbekannt ». Der freundlichen Dame war angesichts der Diskrepanz zwischen gesundem Menschenverstand und Gesetz sichtlich unwohl in ihrer Haut. Wir hätten uns bis Ende Monat zertifizieren lassen oder alle Bioweine unseres Sortiments zurückexportieren müssen. Völlig fassunglos machte uns dann jedoch das behördliche Angebot, wir könnten die Biolabels auf den Etiketten mit neutralen, weissen Klebern überdecken.
Weiss denn der Konsument überhaupt, was Biowein ist?
Welche Gifte und welche eben nicht bei diesem und beim anderen Label zugelassen sind oder eben nicht? Ist der ökologische Fussabdruck eines Bioweins aus Mendoza kleiner als der des konventionell produzierten am Zürichsee? All zu gern geben wir leichtgläubig unsere Verantwortung ab und verlassen uns auf ein bekanntes Label. Eines, lieber Leser, können wir Ihnen schwören - die Komplexität von Nachhaltigkeit und Verantwortung von der Rebe bis zur Flasche lässt sich ganz sicherlich nicht auf drei Buchstaben reduzieren. Nur die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen ökologischen Herausforderungen der einzelnen Terroirs lässt den bewussten Winzer die richtigen Entscheidungen treffen. Kein Paragraph kann ihm dabei den vermeintlich einzig richtigen Weg weisen.
Wir haben uns schon immer um diese Stempel foutiert. Von Anfang an sind wir vor Ort, reden mit den Produzenten und gehen den vielschichtigen Gegebenheiten auf den Grund.
Nur dies gibt uns das Vertrauen, unsere Produzenten überzeugt vertreten zu können. Wir importieren längst nicht nur Biowein – in erster Linie geht es uns immer um Qualität! Dass diese mit möglichst nachhaltiger und sorgfältiger Produktion einhergeht, versteht sich unserer Ansicht nach von alleine. Dabei sind uns aber auch langfristige Wirtschaftlichkeit und - ganz wichtig - soziale Verantwortung ein grosses Anliegen.
Unsere Bio-zertifizierten Weine möchten wir weiterhin importieren können. Auch wenn wir gerne stur bleiben täten und unseren Rekurs gegen die staatliche Verfügung aufrechterhalten würden - wir haben keine Wahl und beugen uns der schweizerischen Gesetzgebung. Wir können es dabei aber nicht lassen, in unserer Broschüre auch unzertifizierte Winzer, denen wir ein besonderes ökologisches Bewusstsein attestieren, mit einem entsprechenden Piktogramm auszuzeichnen. Weiterhin bleiben wir wach, neugierig und kritisch, um die besten Weine mit Überzeugung ins Land zu holen.